Ihnen will der optimale Espresso einfach nicht gelingen? Oft liegt es daran, dass die Mühle nicht richtig eingestellt ist. Wir verraten Ihnen, wie es geht.
Der Espresso schießt aus dem Siebträger, Crema sucht man vergebens und schmecken tut er so sauer, dass es einem das Gesicht verzieht. Das andere Extrem: Der Espresso tröpfelt nur langsam und wie Öl aus dem Siebträger, die Bitterstoffe kann man quasi schon sehen. Beide Varianten sind ganz klar ein Problem der Mühleneinstellung und können recht einfach gelöst werden – wenn man weiß, wie.
Folgende Faustregeln gelten: Der einfache Espresso (25-30ml) sollte bei ca. 9g Kaffeemehl in 25 Sekunden durchlaufen, der Doppelte bei ca. 15g in der gleichen Zeit. Warum 25 Sekunden? Weil in diesem Zeitraum die Aromen am optimalsten extrahiert werden. Zunächst werden fruchtige Noten und Säuren ausgewaschen, dann der Körper und die Süße, zum Schluss die Bitterstoffe. Läuft der Espresso zu lang, überwiegen die Bitterstoffe. Läuft er zu kurz, überwiegen die Säuren. Um das perfekte Ergebnis zu erzielen, müssen Mahlgrad (Beschaffenheit des Kaffeemehls) und Menge zueinander passen.
Was benötigen Sie, um Ihre Mühle richtig einzustellen?
Neben dem offensichtlichen, Kaffee, Mühle und Maschine, brauchen Sie eine Feinwaage. Diese sollte auf jeden Fall im Milligrammbereich wiegen, denn ob sie mit 9,9 oder 9,1 Gramm arbeiten, kann bei der Extraktion einen riesigen Unterschied machen. Außerdem benötigen Sie einen Behälter, in dem Sie den Kaffee abwiegen. Der Siebträger selbst eignet sich hierfür eher nicht, da er für die meisten Waagen zu groß ist, bzw. der Einzelsiebträger nicht stehen bleibt. Ich nehme entweder eine Espressotasse oder ein Espressokännchen.
Beim ersten Mal benötigen Sie außerdem ein wenig Geduld. Wenn Sie mehrmals Mühlen eingestellt haben, sehen Sie sehr schnell, ob die Menge reichen könnte und ob der Kaffee zu grob oder zu fein gemahlen ist. Zudem können Sie auch durch reiben des Kaffeemehls zwischen Daumen und Zeigefinger feststellen, wie grob oder fein die Körnung ist. Das Gefühl, ob der Mahlgrad hinkommen könnte, kommt mit der Zeit.
Das Vorgehen – Schritt für Schritt
Als Beispiel wurde hier der einzelne Espresso gewählt (9g Kaffee, 25-30ml). Die Schritte lassen sich 1 zu 1 auf den doppelten Espresso oder auch auf Café Crème übertragen.
Stellen Sie den leeren Behälter auf die Waage und tarieren sie diese.
Mahlen Sie anschließend eine einzelne Portion Kaffee und wiegen sie ab. Falls die Mühle komplett leer war, wird beim ersten Mal noch recht wenig ausgeworfen. Deshalb bei weniger als 9g: eine kleine Menge Kaffee zusätzlich mahlen, bis 9g erreicht sind. Manche Mühlen haben hierfür eine extra Funktion, bei anderen kann man beispielsweise den Kontakt nur sehr kurz oder doppelt berühren.
Bei mehr als 9g: mit einem Teelöffel Kaffeemehl entfernen, bis die Menge passt. Wenn die Mühle sehr viel mehr als 9 g auswirft, können Sie an diesem Punkt bereits die Zeit des Mahlvorgangs reduzieren, um nicht unnötig Kaffee zu verschwenden. Wie genau das geht steht in der jeweiligen Bedienungsanleitung Ihrer Mühle.
Geben Sie nun den Kaffee in den Einzelsiebträger, tampen Sie ihn und starten ganz normal den Bezug.
Wie läuft der Kaffee aus dem Siebträger und wie lange dauert der Bezug? Wenn die Maschine keine Durchlaufzeit anzeigt, sollten Sie zusätzlich mit einer Stoppuhr (Smartphone) arbeiten. Wichtig: Starten Sie diese unbedingt gleichzeitig mit dem Kaffeebezug.
Langsam und karamellfarben: So soll der Espresso in die Tasse laufen
Wenn der Espresso zu schnell in die Tasse läuft, war der Mahlgrad zu grob. Stellen Sie also den Mahlgrad in kleinen Schritten feiner und mahlen Sie eine Portion durch. Diese müssen Sie leider entsorgen, denn der Effekt stellt sich nicht sofort ein. Wenn der Espresso zu langsam oder sogar nur tröpfchenweise aus dem Siebträger läuft, ist der Mahlgrad zu fein und muss grober werden. Auch hier muss nach jedem Verstellen eine Portion entsorgt werden.
Wiegen Sie mit dem neuen Mahlgrad erneut 9 g ab und starten Sie den Bezug.
Diese Schritte wiederholen Sie nun so lange, bis das Ergebnis zufriedenstellend ist und der Espresso bei 9g in 25 Sekunden (24 oder 26 dürfen es auch sein) in die Tasse läuft und im Optimalfall ein schönes Tigermuster ergibt.
Geschmackstest für das beste Ergebnis
Sind Sie mit der Optik und der Durchlaufzeit des Espressos zufrieden, müssen Sie ihn probieren. Denn die hier angegebenen Werte sind Richtwerte, nicht jeder Kaffee reagiert gleich und auch ihr Wasser spielt eine entscheidende Rolle.
Schmeckt der Espresso so, wie Sie ihn mögen oder ist er vielleicht noch zu bitter oder zu flach? Experimentieren Sie noch ein wenig mit der Einwaage, probieren Sie es mit einem halben Gramm mehr oder weniger. Sie werden große Unterschiede schmecken.
Der letzte Schritt
Sie haben Ihren Mahlgrad und die für Sie perfekte Einwaage ermittelt? Dann müssen Sie die Menge noch in der Mühle speichern. Das funktioniert bei jeder Mühle etwas anders, aber bei geschätzten 95% aller Mühlen funktioniert die Einstellung über die Zeit, genauer über eingespeicherte Sekunden.
Bekommen Sie mit der aktuell gespeicherten Zeit weniger, als die ermittelte Einwaage, müssen Sie die Zeit etwas hochsetzen, mahlt die Mühle zu viel müssen Sie die Zeit verringern.
Verstellen Sie die Zeit in kleinen Schritten, bis die optimale Menge dabei herauskommt. Jetzt steht Ihrem Espressogenuss nichts mehr im Weg!
Warum die Einstellung nicht für immer ist
Nun könnte man meinen, wenn die Mühle eingestellt ist, läuft der Kaffee für immer gut. Leider ist dem nicht so, denn mit der Zeit nutzen die Mahlscheiben sich ab. Dadurch vergrößert sich der Abstand zwischen den Scheiben und das Mahlgut wird gröber. Der Kaffee läuft schneller durch und Sie müssen wieder etwas nachjustieren. Besonders bei neuen Mühlen ist der Effekt anfangs sehr schnell zu beobachten, mit der Zeit wird das besser und Sie müssen nicht mehr so häufig nachstellen.
Auch der verwendete Kaffee hat Auswirkungen, denn jede Mischung hat unterschiedliche Bohnen, die verschiedene Dichten und Größen aufweisen. Wechseln Sie also den Kaffee, kann es passieren, dass der Espresso plötzlich nur noch tröpfelt oder regelrecht in die Tasse schießt. Sie müssen also auch hier wieder nachstellen. Übrigens kann auch schon eine neue Ernte des gleichen Kaffees dazu führen, dass der Espresso nicht mehr so läuft wie vorher.
Aber keine Panik, Sie wissen ja jetzt, wie man die Mühle einstellt!